Kinderyoga verbindet: Zwei Pfeifenputzer reisen nach Afrika
Wie unterrichtet man Kinderyoga, wenn man die Sprache der Kinder nicht spricht? Yogalehrerin Barbara Vennemann-Rinker aus Münster kann darüber viel erzählen. Die Münsteranerin reiste in eines der ärmsten Länder der Welt – nach Uganda. Ohne Sprachkenntnisse und bis dato auch ohne große Kinderyoga-Erfahrung. Unsere Redakteurin Maike Schößler hat ihre Geschichte aufgeschrieben, in der auch ihr eigener Kinderyogakurs eine Rolle spielt. Als Bindeglied eine Handvoll Pfeifenputzer, offene Herzen und wenig Worte.
„Hast du vielleicht eine Idee, was ich mit den Kindern machen könnte?“
Mit dieser Frage startete ein aufregendes Projekt, das Dutzende Kinder in zwei Ländern in Aufregung und Freude versetzte. Mit Kinderyoga als Verbindung. Barbara Vennemann-Rinker ist meine Yogalehrerin in Münster-Amelsbüren. Seit Jahren unterstützt die gelernte Physiotherapeutin mithilfe ihrer Yogakurse das Projekt „Lichtstrahl Uganda e.V.“, das sich in Gulu im Norden Ugandas, engagiert. Jeder Cent aus Barbaras Online-Kursen fließt in das Kinderhilfsprojekt, in dem sich unter anderem eine Grundschule mit Vorschule, eine Kita, eine Entbindungsstation sowie ein Kinder- und Mütterkrisenhaus befindet. Aktuell sitzt die Münsteranerin wieder auf gepackten Koffern, um in dem Projekt einen physiotherapeutischen Bereich auszustatten und Mitarbeiter zu schulen. Und mit den Kindern Yoga zu praktizieren.
Als Barbara zum ersten Mal nach Uganda reiste, befand sich in ihrem Gepäck gespendete Babykleidung, Medikamente und eine große Zahl Pfeifenputzer-Männchen. Meine kleinen Yogis und ich hatten auf Barbaras Frage, wie man den afrikanischen Kindern Yoga näherbringen könnte, gemeinsam überlegt, wie dies ohne große Sprachkenntnisse vonstattengehen könnte.
Die Kinder waren sofort Feuer und Flamme und das Mitgefühl groß, etwas Gutes zu tun. Mit Eifer bastelten die Kinder kleine Yogalehrer aus Pfeifenputzern, um so nonverbal Asanas zeigen zu können. Ich dokumentierte den Entstehungsprozess mit der Kamera und erstellte ein Fotobuch, in dem die Münsterschen Yogis ihre Lieblings-Asanas präsentierten. So wollten sie den afrikanischen Kindern Yoga näherbringen, die noch nie was davon gehört hatten.
Yoga in Uganda: Visuelle Übungen und viel Körpersprache
Barbaras Gesicht leuchtet, wenn sie von ihren ersten Begegnungen mit den afrikanischen Kindern in der Grundschule spricht:
„Ich kann mich noch gut dran erinnern, dass die Kinder zunächst eher etwas zurückhaltend waren. Wir kreisten das Yogathema ein bisschen ein. Die Lehrerin sprach ein paar Brocken Englisch, aber das war im Endeffekt auch nicht so wichtig.“
Geholfen haben die visuellen Übungen in dem Fotobuch und die Aufgeschlossenheit der Jungen und Mädchen. Auf dem nackten Boden des kleinen Klassenzimmers hockend, steckten die afrikanischen Kinder ihre Köpfe zusammen, blätterten neugierig durch die Seiten des Fotobuchs und bestaunten die europäischen Kinder mit den blonden Haaren und heller Haut. Mit Barbara zusammen übten sie kichernd ihren ersten Sonnengruß.
„Irgendwie waren die Themen der afrikanischen Kinder in der Gruppe genau dieselben wie auch hier in Deutschland“, erzählt Barbara. „Es gab Kinder, die sich sehr in den Vordergrund stellten und gesehen werden wollten. Zwei sehr dominanten Jungs beschäftige ich erstmal mit ein paar Sonderaufgaben. Und dann gab es einige Kinder, die eher am Rand blieben.“ So kreiste die lebhafte Gruppe das Yogathema langsam ein.
„Eigentlich war die Sprache dabei völlig unwichtig“, erzählt die Yogalehrerin. „Wichtig war eigentlich nur, wie man sich ansah, was man ausdrückte mithilfe von Körpersprache, Mimik und Gestik. Die Sprache an sich spielte tatsächlich nur eine nebensächliche Rolle. Man merkte, dass die Begeisterung für Yoga und Bewegung in unserer Runde wuchs.“ Während die Kinder anfangs noch zögerlicher waren, ließen sie sich von der Yogafreude von Barbara anstecken und irgendwann war der Bann gebrochen.
Mit Partnerübungen zur Verbundenheit
Die anfängliche Zurückhaltung wich und machte Platz für Verbundenheit. Die Neugierde auf den Anderen und die Freude an Partnerübungen, Bewegungen und Pfeifenputzer-Formierungen, Lachen und Unbeschwertheit erfüllten den Raum.
„Und dann trauten sich die Kinder plötzlich auch, mich anzufassen. Sie hatten ja noch nie helle Haut gesehen. Ganz neugierig streichelten sie über Arm und Gesicht, untersuchten Fingernägel und Haare und schnupperten. Wie riecht denn ein weißer Mensch?“
Irgendwann wurden Hände gehalten und gestreichelt. „Das war megasüß“, lacht Barbara. Der Yogafunke war übergesprungen.
Ihre eigene Yogamatte, Fotobuch und Pfeifenputzer ließ die Münsteranerin in der Schule in Gulu zurück. In Uganda wird seit der ersten Stunde weiter Kinderyoga praktiziert. Lehrerin Katie, die für rund 70 Schülerinnen und Schüler zuständig ist, baut regelmäßige Yogapausen in ihren Unterricht ein.
Meine kleinen Yogis freuten sich über einen Gruß aus Afrika: Ein Fotobuch mit Bildern, auf denen afrikanische Kinder mit strahlenden Augen ihre Pfeifenputzer in die Höhe strecken. Und Barbara? Dürfte gerade im Flieger sitzen.
Yogatherapie mit Barbara für Uganda – Online für Alle
Montags und mittwochs (18.30-19.45 Uhr) gibt die Physiotherapeutin Barbara Vennemann-Rinker orthopädische Online-Yogatherapiestunden unter spiraldynamischer Ausrichtung. Der Erlös aus den Kursstunden fließen zu 100 Prozent in das Projekt Lichtstrahl Uganda e.V.. Infos und Anmeldung hier.
Über Lichtstrahl Uganda e.V.
Lichtstrahl Uganda e.V. aus Münster entstand 2010 durch die Krankenschwester Heike Rath. Mit dieser Organisation erfüllte sie sich ihren Lebenstraum, langfristig und gezielt helfen zu können. In dem Dorf in Gulu werden vor allem junge Mütter und Kinder mit Hilfe zur Selbsthilfe unterstützt. Um dies zu ermöglichen, werden Spenden benötigt und gesammelt, Patenschaften mit Kindern aus Gulu vermittelt und Sponsoren in Deutschland gesucht. Mehr Infos unter: www.lichtstrahl-uganda.de
Wer helfen möchte: Lichtstrahl Uganda e.V. IBAN: DE21 4006 0560 0002 4278 18