Auf der Suche nach dem Glück
Pünktlich zum ersten Monats-Thema im neuen Jahr begibt sich unser Herausgeber Thomas Bannenberg auf die große Suche nach dem Ursprung des Glücks.
Viel Glück! So wünschen wir es uns, besonders rund um den Jahreswechsel. Aber was ist eigentlich Glück?
Das Wort „Glück“ leitet sich wohl ab vom mittelhochdeutschen „Gelücke“, was soviel bedeutete wie die „Art, wie etwas ausgeht“. Dementsprechend wäre Glück der günstige Ausgang eines Ereignisses. In anderen Sprachen wird zwischen „Glück haben“ und „glücklich sein“ in der Wortbedeutung sogar deutlich unterschieden. So gibt es im Englischen die Wendungen to be lucky im Sinne von „Glück haben“ und to be happy mit der Bedeutung „glücklich sein“. Im Sanskrit finden sich gar mehr als zehn Wörter zur Bezeichnung von Glücksempfindungen.
Wo ist das Glück?
Wo oder wie ist nun das Glück zu finden?
Gibt es einen anzustrebenden Ort des Glücks?
Gelegentlich scheinen wir dem Glück hinterher zu laufen – ohne es jedoch zu erreichen.
Oder ergibt sich Glück aus der Summe vollbrachter Taten?
Darüber sinnieren die Philosophen schon seit alters her und einem von ihnen, Gautama Buddha, wird der Satz zugeschrieben:
„Es gibt keinen Weg zum Glück – Glück ist der Weg.“
Das erklärt vielleicht auch, weshalb in den vielen Erhebungen, die schon gemacht wurden zur Feststellung des Glücks in verschiedenen Ländern der Erde, die reichen Industrie-Nationen selten bis nie die vorderen Ränge belegen. Es sind die von uns aus betrachtet eher als „arm“ angesehenen Länder, deren Bevölkerung mit grosser innerer Zufriedenheit ein nach eigenem Bekunden „glückliches Leben“ führt.
Wie kann das sein?
Da sagt der indische Wandermönch: „Ich habe eine Mahlzeit aus drei Zutaten – ich bin ein glücklicher Mensch“. Und der Bauer auf einer der kleinen Azoren-Inseln, weit draussen im Atlantik, zählt auf: „Wir haben grosses Glück, denn wir haben Mais, Kartoffeln und Hühner. Uns fehlt nichts.“
So empfiehlt der Dalai Lama die geistige Schulung zur Erlangung von Glück, und zwar um negative Zustände wie Eifersucht, Neid, Hass oder Zorn unter Kontrolle zu bringen. Glück ist also weniger der Umstand, das Geschehen, sondern unsere Bewertung dessen, was wir erleben.
Wenn ein Duschgel Glück verheißt
Wir wissen durch Yoga, bestätigt durch neuro-physiologische Forschung, dass es möglich ist, die eigene Wahrnehmung zu lenken, und zwar in jede Richtung. Es liegt also an uns, wohin der Weg führt, oder, um die Beschreibung von Buddha aufzugreifen, wie wir auf unserem „Lebens-Weg“ unterwegs sind.
Dabei ist die Vielfalt der Werbe-Botschaften in allen Medien keine Hilfe, denn hier wird ja gerade gezielt mit unerfüllten Wünschen gearbeitet. Aber kommt wirklich Glück aus deinem Duschgel? Wohl genauso wenig, wie dass Gefühl von Freiheit im stark beworbenen schnellen Auto entsteht. Erst recht nicht, wenn man damit im Stau steht.
Aber wer in Zentraleuropa gibt sich mit einem einfachen Essen zufrieden und generiert schon daraus ein Empfinden von Glück? Und doch liegt gerade in den kleinen Dingen des Alltags die unerschöpfliche Quelle eines individuellen Glücks-Empfindens (in Sanskrit: ananda).
- Dir hält jemand die Tür auf oder drückt dir den Aufzugknopf, weil du beide Hände voll hast? Und – was fühlst du?
- Wie begegnest du der freundlich grüssenden Kassiererin im Supermarkt? Nimmst du ihre Freundlichkeit wahr? Siehst du den Mensch in ihr oder siehst du nur seine Funktion? Und, ja das kommt vor bei einem langen Arbeitstag, dass die Kassiererin nicht so freundlich schaut. Macht dich das auch „unfreundlich“? Oder kannst du es als Herausforderung annehmen und schenkst ihr ein Lächeln?!
Mehr Mitgefühl im Umgang miteinander ist ein unbedingter „Glücksbringer“ , ebenso das Auftanken in der Natur, die Freude am ersten Schnee, an den ersten zarten Trieben im Vor-Frühjahr usw.
Glück ist … individuell und Interpretationssache
Glück und das eigene Empfinden von Glück hat viel mehr damit zu tun, wie wir die Dinge interpretieren und wie wir die Welt sehen, als mit den Umständen.
Yoga fordert uns auf, Vertrauen zu haben in das Schicksal (ishvara pranidhana). Das heisst anzunehmen, dass es grössere Zusammenhänge gibt, die wir nicht alle überblicken und durchschauen können. Aber dass wir es erleben dürfen, dass wir „unter diesen Umständen“ leben – das ist doch das eigentliche Glück.
Erlebe täglich einen Moment des Glücks in deinem Alltag, durch deine Wahrnehmung, durch freundliche Begegnung und durch die Erkenntnis:
„Glück ist, dass du lebst.“
Gebe dir einen Moment der Ruhe am Abend und stelle dich deinem Erlebten mit der Frage: Was war heute Glück? Wann und vielleicht mit wem war ich glücklich?
Wenn du magst, führst du ein „Glücks-Tagebuch“, in das du jeden Tag deine Glücks-Momente notierst, die grossen ebenso wie die vielen kleinen …
Viele Märchen enden mit dem bekannten Satz: „… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie glücklich bis an ihr Lebensende.“
In diesem Sinne „ganz viel Gelücke“ im Neuen Jahr!