Das Unterrichtsfach „Glück“: Interview mit Helene Strubreiter
Glück findet man nicht auf der Straße. Jedoch kann man es unterrichten. Helene Strubreiter, Sonderpädagogin, Glückslehrerin und Kinderyogalehrerin, unterrichtete mehrere Jahre in verschiedensten Klassen (Sekundarstufe, Sonderschule, Volksschule) das Unterrichtsfach „Glück“. In 2021 hat sie ihren Mann geheiratet und erwartet nun ihr erstes Kind. Unserer Redakteurin Roswitha Gubin hat Helene von Glückswesen einige Fragen bezüglich des Unterrichtsfachs „Glück“ beantwortet.
Helene und ich haben uns bei der Kinderyoga-Ausbildung der Wiener Kinderyogalehrerin Hanna Pessl kennengelernt. Seit rund drei Jahren inspiriert Helene mit ihrer Seite Glückswesen auf Instagram mehr als 3000 Follower. Nun durfte ich sie für PLUS.Kinderyoga.de interviewen. Auch ein kleines Video haben wir trotz Problemen mit dem Internet für euch aufgezeichnet.
1.Was kann man sich unter dem Fach „Glück“ vorstellen?
Das Schulfach Glück ist ein von Ernst Fritz-Schubert 2007 erstelltes, ganzheitliches Unterrichtskonzept zur Persönlichkeitsbildung, dessen Grundlage die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der positiven Psychologie und Hirnforschung ist.
Der Glücksunterricht ist in sechs Module aufgebaut, die innerhalb eines Schuljahres altersentsprechend gestaltet werden. In den sechs Modulen werden
… die Charakterstärken und Talente der SchülerInnen ermittelt und gestärkt.
… individuelle Werte und Bedürfnisse entdeckt und erforscht.
… der Umgang mit Gefühlen und Emotionen erlernt und reflektiert.
… Wünsche, Träume und Ziele erkannt und verfolgt.
… Entscheidungen reflektiert und Verantwortung übernommen.
… viele Glücksmomente bewusst wahrgenommen und gemeinsam erlebt.
Dafür werden in einer Glücksstunde Lernexperimente und Übungen aus der Theater-, Wald-, Kunst-, Musik-, Erlebnis- und Freizeitpädagogik, dem Kinderyoga, Projektmanagement und dem sozialen Lernen heranzogen.
2. Warum findest du es wichtig, dass „Glück“ als Schulfach unterrichtet wird?
GLÜCK kann man lernen! Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass das GLÜCKlichsein genauso erlernt werden kann wie Lesen, Schreiben, Rechnen, Instrumente, Sportarten, etc. – nämlich durch regelmäßiges Training!
Der Glücksunterricht stellt die Basis für das Soziale Lernen dar, denn zuerst muss das ICH erforscht, kennengelernt und gestärkt werden, um dann in weiterer Folge seinen Platz im Wir finden zu können.
Mithilfe der aus dem Glücksunterricht gewonnenen Ressourcen ist den SchülerInnen die Voraussetzung gegeben, Herausforderungen und schwierige Situationen aus dem „Abenteuer Alltag“ erfolgreich zu meistern.
Glücksunterricht hat einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden, das Sozialverhalten, die Gesundheit, die Residenz und die Leistung der SchülerInnen.
3. Wie reagieren die Kinder auf das Fach „Glück“?
„Glück“ hat etwas Magisches an sich. Unabhängig vom Alter (6-15j.) waren bisher all meine SchülerInnen begeistert vom Glücksunterricht. Oft war ich auch überrascht, welche SchülerInnen ganz besonders am Glücksunterricht hingen. Mittlerweile weiß ich, dass die aktive Teilnahme nicht aussagekräftig genug ist, um beurteilen zu können wie wichtig der Glücksunterricht für die einzelnen SchülerInnen ist.
4. Hattest du schon einmal Situationen, dass die Kinder keine Lust auf das Fach „Glück“ hatten? Wenn ja, wie bist du damit umgegangen?
Natürlich! Gemerkt habe ich es, wenn zum Beginn des Glücksunterrichts der Schüler/die Schülerin sich nicht in den gemeinsamen Kreis gesetzt hat, sondern an seinem/ ihrem Platz sitzen geblieben ist. Dafür gab es selbstverständlich auch immer einen Grund, den ich aber nie hinterfragt habe. Die Teilnahme soll freiwillig erfolgen – zum Glück kann und möchte ich auch niemanden zwingen.
Abgesehen davon profitieren auch jene SchülerInnen vom Glücksunterricht, die vielleicht wirklich die ganze Stunde mit dem Kopf auf dem Tisch liegen und zusehen oder daneben etwas schreiben, lesen oder zeichnen. Es ist alles okay, so lange es nicht den Glücksunterricht stört.
Ganz besonders wichtig ist auch, dass den SchülerInnen bei den Lernexperimenten der Raum gegeben wird, sich auszuprobieren und möglichst wenig einzugreifen (auch wenn’s manchmal schwierig ist 😉 ). Dafür ist später in der Reflexionsrunde der richtige Platz, um darüber zu sprechen.
JEDE Glücksstunde ist eine gelungene Glücksstunde!
5. Du bist ja auch Kinderyogalehrerin – bindest du in deinen Yoga auch in deinen Glücksunterricht mit ein?
Im Glücksunterricht geht es auch darum in den „Flow“ zu kommen um Glück gemeinsam zu erleben. Aus diesem Grund ist auch, neben vielen kreativen Aktivitäten und Bewegung der Kinderyoga ein wichtiger Bestandteil des Glücksunterrichts.
6. Was bedeutet „Glück“ für dich?
Glück ist, wenn man sich glücklich fühlt. Die Auslöser für Glück sind dabei ganz unterschiedlicher Natur und lassen sich auch nicht festlegen. Je nach Tagesverfassung und Bedürfnis können diese Auslöser variieren.
Derzeit ist Glück für mich…
… der erste Bissen einer Zitronentarte.
… die schnurrende Katze auf meinem Bauch.
… die Bewegungen meines Babys im Bauch zu spüren.
… kreativ sein zu können.
… eine Umarmung meines Mannes.
… ein Spaziergang durch den Lainzer Tiergarten
… eine wertschätzende Nachricht.
… ein Sonnenaufgang.
… die gefleckte Amsel aus meinem Garten.
… der unsterbliche Nussbaum aus meinem Garten.
… sorgenfrei zu sein.
… mein Haus und Garten.
All diese Dinge und noch ganz viele mehr tragen dazu bei, dass ich mich glücklich fühle.
7. Was kannst du uns mit auf den Weg geben?
Das Glück ist immer vor unserer Nase, wir müssen einfach nur achtsam hinsehen!
Danke, liebe Helene, für deine Zeit und dieses großartige Interview!