5 Zitate aus „Ungezähmt“ von Glennon Doyle, die wir laut vorlesen sollten
Gerade mal vier Monate ist die deutsche Ausgabe des neuen Buches „Ungezähmt“ von Glennon Doyle auf dem Markt. Und schon steht ihr persönliches Frauen-Manifest auf den Bestseller-Listen ganz oben. Unsere Chefredakteurin Andrea Helten war zuerst skeptisch, dann ganz hingerissen. Sie hat fünf Stellen für uns herausgepickt, die es wert sind, laut ausgesprochen zu werden.
Echt jetzt? Schon wieder so ein Selbstoptimierungs-Buch für Frauen? Eins, das womöglich in Hunderten von Seiten nur eine einzige, wenn auch unglaublich wichtige Message postuliert: Dass es an der Zeit ist, dass wir Frauen uns nichts mehr gefallen lassen sollten?
Zugegeben, ich war wahnsinnig skeptisch, ob ich „Ungezähmt“ von Glennon Doyle wirklich lesen sollte. Denn wie immer, wenn plötzlich ein Sachbuch als „Buch der Stunde“ gehypt wird und meine Social-Media-Timelines voll von Empfehlungen sind, beschleicht mich eher ein unbehagliches Gefühl. Denn ich kann leider mit den allermeisten Ratgebern nichts anfangen. Ich mag ganz einfach diese Mischung nicht, aus einfacher Schreibe, meist simplen Tipps, endlosen Wiederholungen und dem eigentlichen, immer gleichen dahinter liegenden Postulat, dass uns zugeraunt wird: „Erst wenn wir Frauen dies … machen/nicht mehr …. /mehr ….. / besser in … /optimaler …. nutzen, dann wird unser Leben vollkommen. Leichter, glücklicher, effektiver, reicher, sinnvoller. Sorry, da bin ich raus. Denn diese Art von Büchern spielen meiner Meinung nach mit einem negativen Glaubenssatz, den viele von uns sowieso bereits seit früher Kindheit – unbewusst oder bewusst – mit sich herumschleppen: „Du bist nicht gut genug“.
Soweit also meine Skepsis
Warum ich mir „Ungezähmt“ dann doch bestellt und gelesen habe? Weil es einige Frauen empfehlen, die ich wirklich großartig finde. Einerseits Frauen, die ich persönlich kenne und deren Meinung ich wirklich sehr achte, andererseits Prominente wie Adele, Oprah Winfrey und Reese Witherspoon.
Im Prinzip geht es bei „Untamed“, so der Original-Titel, in erster Linie um die persönliche Reise der Autorin Glennon Doyle. Es ist die Befreiung von Süchten, von toxischen Beziehungen hin zu einem selbstbestimmten Leben. Glennon erzählt ihre eigene Geschichte – vom Scheitern ihrer Ehe, ihrer massiven Drogensucht und jahrelangen Essstörung, aber sie erzählt auch von der Liebe zu ihren Kindern und vom Wendepunkt, den die Begegnung mit Ex-Fussballerin Abby Wambach auslöste (mit ihr ist Glennon heute glücklich verheiratet). „Untamed“ erzählt aber noch viel mehr. Zum Beispiel von schrecklich unmenschlichen Situationen an der Grenze zu Mexiko. Von ganz alltäglichen Stigmatisierungen, von Erziehungsunterschieden bei Mädchen und Jungen, von Therapeutinnen, die eher zu sexuellen Handlungen auffordern statt zum Verlassen eines untreuen Ehemanns. „Untamed“ macht jedoch Hoffnung und zeigt, dass Handeln aus Liebe der einzig wahre Weg ist. So hat Glennon Doyle mit Together Rising eine Non-Profit-Organisation ins Leben gerufen, die aus herzergreifenden Geschichten Aktionen wachsen lässt. Zahlreiche Promis unterstützen sie in diesem Vorhaben.
Laut vorlesen!
Tagelang lief ich meiner Familie mit dem Buch unterm Arm hinterher, nur um ihnen noch einmal die Stellen laut vorzutragen, die ich am Abend zuvor selbst gelesen hatte. Meine Ausgabe sieht aus, wie noch nie ein Buch zuvor – mit Eselsecken und voll von unterstrichenen Passagen, die ich noch einmal lesen möchte. Und auch ein paar Tränen sind während des Lesens in die Seiten geflossen… Denn die Autorin hat mit „Ungezähmt“ in weiten Teilen nicht nur ein Beziehungs- oder Selbstliebe-Sachbuch geschrieben, sondern auch einen wahren, feministischen Erziehungs-Ratgeber und ein grundsätzliches Manifest für mehr echte Menschlichkeit. Es finden sich Passagen oder auch ganze Kapitel, die es wert sind, laut vorgelesen zu werden. Sich selbst, den eigenen Töchtern, dem Ehemann. Um die Worte einfach tiefer in uns aufnehmen zu können.
Daher zitiere ich fünf Stellen aus „Untamed“ von Glennon Doyle, die ich erwähnenswert finde:
Über unsere westliche Wohlstandsgesellschaft:
„Auf der Sonnenseite zur Welt zu kommen, ist ein Privileg. Ignorante Privilegiertheit bedeutet zu glauben, aus eigenem Antrieb auf der Sonnenseite gelandet zu sein. Boshafte Privilegiertheit bedeutet, sich darüber zu beschweren, dass die, die hungrig draußen vor der Tür stehen, nicht geduldig genug auf Einlass warten.“
Über Selbstbestimmtheit:
„Mir ist klargeworden, dass niemand auf der Welt weiß, was ich tun und was ich lassen sollte. Die Expertinnen wissen es nicht, (…) nicht meine Eltern, nicht meine Freundinnen, niemand weiß es. Nicht mal die, die mir am nächsten stehen. Weil niemand das Leben, das ich mit meinen Gaben und Herausforderungen, mit meiner Vergangenheit und meinen Leuten zu leben versuche, je gelebt hat oder jemals leben wird. Jedes einzelne, individuelle Leben ist ein noch nie dagewesenes Experiment. (…) Es gibt keine Landkarte. Wir sind alle Pioniere.“
Über Duschgele und Shampoos für Jungs und Mädchen:
„Hier stand ich, mitten im einundzwanzigsten Jahrhundert, wo Jungen immer noch beigebracht wird, dass echte Männer groß sind, tapfer (…). Wo Mädchen immer noch lernen, dass richtige Frauen still, hübsch, klein, schlank, passiv und begehrenswert zu sein haben (…). Da wären wir also. Unsere Söhne und Töchter werden, wie immer schon, in ihrem vollständigen Menschsein bloßgestellt und beschämt, noch ehe sie sich morgens angezogen haben.“
Über unsere Rolle als Frau und Mutter:
„Was, wenn Liebe in Wirklichkeit nicht der Prozess ist, für seine Liebsten zu verschwinden, sondern für seine Liebsten sichtbar zu werden?“ (…) Was, wenn der Ruf der Mutterschaft nicht lautet, Märtyrerin zu sein, sondern Vorbild?“
Über ihre Tätowierung, den Schriftzug „Sei still“
„Sie erinnert mich täglich daran, dass ich, wenn ich bereit und willens bin, in Stille mit mir selbst zu sitzen, immer wissen werde, was ich tun soll.“
Ein Buch, um es den besten Freundinnen zu schenken. Der anstrengenden, unglücklichen Chefin (was mutig wäre!). Oder der heranwachsenden/erwachsenen Tochter. Und natürlich sich selbst.