Praxistest: Bücher zum Auftanken – Fantasiereisen für Kids
Fantasiereisen sind wunderschöne Kraftspender für Kinder, aber auch für Erwachsene. Wir können uns in eine andere Welt träumen und dort Abenteuer oder einfach schöne Begegnungen mit Tieren, Fantasiewesen oder der Natur erleben. Der Markt der Fantasiereisen-Literatur boomt. Mit Recht! Unsere Redakteurin Elke Schwuchow hat zwei der vielen Bücher getestet.
Tipp 1: „Bärenstark & Falkenfrei“ von Jennie Appel und Dirk Grosser
Das aktuelle Buch des Autoren-Duos Appel und Grosser, die nicht nur gemeinsam an Büchern arbeiten, sondern auch gemeinsam leben, wollte ich unbedingt testen, weil ich schon im Besitz von „Zauberwald & Zwergenkraft“, sowie von „Du bist nie allein – für kleine Yogis und Yoginis“ bin.
Fantasiereisen als festes Ritual am Schluss meiner Kidsyogastunden sind wie das Namasté am Anfang ein Muss. Die Kids lieben es, sich nach ihrer Yogapraxis und einer Massage auf ihrer Matte in eine Decke zu kuscheln und auf Reisen zu gehen. Da die beiden anderen Bücher der Autoren – die auch spirituelle Seminare mit einem starken Bezug zur Natur geben – bei den Kids und mir super angekommen sind, war ich mehr als gespannt auf den Nachfolger „Bärenstark & Falkenfrei“.
Die Meditationen und Fantasiereisen spielen allesamt im heimischen Wald. Kinder durch die Geschichten wieder an die Kraft der Natur, die Magie und Energie des Waldes und seine Bewohner heranzuführen ist erklärtes Ziel der Autoren. Sie so (wieder) mit Mutter Erde zu verwurzeln, sich als Teil des großen Ganzen zu fühlen und dadurch achtsam und nachhaltig mit der Natur umzugehen, ist ihr Wunsch. Das gelingt den Beiden mit ihren zauberhaften Geschichten um die Tiere des Waldes ganz großartig. Wir treffen meditierende Eichhörnchen, mutige Hasen, freiheitsliebende Falken, Familie Wolf, eine schüchterne Kröte und viele mehr.
Was die Reise bewirken kann
Am Anfang der Reise findet sich immer ein kurzer Hinweis, was dem Kind mit der Geschichte vermittelt werden kann. Bei „Der Milan und der warme Wind“ lesen wir beispielsweise: „In dieser Reise können Kinder ganz in ihr Urvertrauen eintauchen und erfahren, dass die Welt sie trägt, ohne dass sie dafür irgendeine Form von Leistung erbringen müssen.“ Schön, oder? Diese Geschichte habe ich am Anfang der Homeschooling-Zeit vorgelesen, um den Kindern den Druck, alles super machen zu müssen, zu nehmen: Du bist geliebt, egal wie deine Noten sind. Diese Hinweise am Anfang der Fantasiereisen helfen mir bei der Auswahl, damit sie zum Thema meiner Stunde passen.
Die Meditation oder Fantasiereise wird immer mit einer Art „Reisevorbereitung“ eingeleitet. Eine Achtsamkeitsübung, die den Fokus auf den Atem lenkt oder auf den Körper, wie er sich auf dem Boden liegend anfühlt. Besonders praktisch ist diese Reisevorbereitung für all jene, die vielleicht nicht so geübt sind in diesen Anleitungen wie Yogalehrende. Ein wunderbarer Einstieg in die Geschichte, um die Kids zur Ruhe kommen zu lassen.
Am Ende der Fantasiereise findet sich ein Wunsch, eine Affirmation, passend zur Thematik der Meditation: „Fröhlich sei dein Tag! Fröhlich und voller Vertrauen sei dein Leben“ lesen wir zum Beispiel. Diese Affirmationen gebe ich meinen Yogakids auch schon mal am Ende der Stunde mit auf den Weg.
Für wen eignet sich „Bärenstark & Falkenfrei“?
Die Geschichten sind alle relativ lang – circa 10 bis 15 Minuten, je nach Lesegeschwindigkeit. Für jüngere Kids daher noch nicht so geeignet. Ich würde aus meiner Erfahrung sagen, dass sich das Buch für Kinder ab dem Grundschulalter eignet. Das Tolle ist aber, dass sich hier auch wirklich noch die älteren Kids abgeholt fühlen. Meine 10- bis 13-jährigen Tweenies lieben diese Fantasiereisen und ich greife deren Thema gerne nochmal kurz in der Abschlussrunde auf.
Nicht nur für Gruppen – Schulklassen oder Yogakurse – eignet sich das wunderschöne Buch. Auch meiner fast elfjährigen Tochter lese ich gerne Abends im Bett eine Fantasiereise vor. Besonders wenn es tagsüber ein Thema gab, das ich mit der Geschichte nochmal ansprechen kann oder einfach zur Stärkung ihres Wohlbefindens.
Fazit: Ein Muss für alle, die Fantasiereisen lieben
Ich spreche eine Kaufempfehlung von Herzen aus. Hier werden nicht nur die Kinder, sondern auch die inneren Kinder gestärkt. Es lohnt sich, einfach mal zu schmökern und zu träumen. Und wer Erwachsenen-Yoga unterrichtet: Ich bin mir fast sicher, dass auch hier die Herzen aufgehen werden.
Zum Schluss noch ein Lob an die Illustratorin Brigitte Kuka: Das wunderschöne Buch von Jennie Appel und Dirk Grosser lebt auch durch die realitätsnahen und sympathischen Zeichnungen von ihr. Es macht einfach Spaß zu blättern und zu schauen – und natürlich zu lesen.
Also, ab in den Wald und Auftanken!
Tipp 2: „Kindertraumwelt“ von Maren Röhlinger
Mein zweiter Tipp für dich ist das Buch von Maren Röhlinger, „Kindertraumwelt„. In diesem darf der Junge Tobi mit Hilfe eines magischen Traumrohrs auf zehn Traumreisen gehen. Das Traumrohr hat er von Kala, den er sich erträumt hat, den sein Herz gerufen hat und der eines Morgens in seinem Zimmer steht. „Ich führe Menschen durch die Traumwelt und wenn du magst kannst du mit mir auf Traumreise gehen“, so stellt er sich vor. Das lässt sich Tobi nicht zweimal sagen. Er möchte am liebsten sofort los – nach Australien, Amerika oder Afrika.
Mit dem Traumrohr in ferne Welten
Das Besondere an diesem Fantasiereisen-Buch ist, dass es als zusammenhängende Geschichte aufgebaut ist, deren Kapitel die zehn Traumreisen sind. Im ersten Teil „Erlebnisreiche Traumreisen rund um den Planeten“ reist Tobi ins Himalaya-Gebirge, tief runter in den Ozean, mit der Rakete ins Weltall, zu den Pharaonen und am Schluss ins alte Indien zum Buddha unter dem Bodhibaum. Er lernt dabei Wissenswertes über die einzelnen Lebenswelten, über Tiere und nicht zuletzt über sich selbst. Dieser erste Teil des Buches eignet sich auch schon für kleinere Kids in der Kita, denn die Reisen sind kurzweilig und bieten einige Aha-Momente. Wusstest du zum Beispiel, dass der Schnee-Leopard nie brüllt und schnurren kann wie eine Katze? Ich nicht…
Miteinander ins Reich der Gefühle
Im zweiten Teil, das als „Spannende Traumreisen ins Reich der Phantasie“ betitelt ist, bringt Kala Tobi mit Hilfe der Reiseziele zu seinen Gefühlen. Hier bekommen die Geschichten nun eher einen meditativen Fantasiereisen-Charakter. Es werden Fragen gestellt nach der Befindlichkeit: „Wie fühlt sich das an? Öffnet sich dein Herz? Bist du glücklich?“ Nach der Reise reflektiert Kala gemeinsam mit Tobi das Erlebte und gibt ihm so wichtige Impulse für seine eigene Gefühlswelt und das Zusammenleben in der Gemeinschaft: „Das Bad im Glück“ lässt ihn spüren, wie sich Glück anfühlt und dass alle Lebewesen glücklich sein möchten. Durch einen Besuch im „Schlaraffenland“ lernt er, dass etwas zu geben glücklicher macht als etwas zu haben. Im „Schmetterling auf der Wunschblume“ zeigt ihm Kala, wie er sich etwas Positives für andere Menschen wünschen kann, damit es diesen wieder besser geht. Ein ganz wichtiges Thema, auch schon für Kinder, ist die Macht der Gedanken. In der Traumreise „Tanz mit den Seifenblasen“ lernt Tobi, dass er seine Gedanken steuern kann und auch wie er doofe Gedanken wieder loswerden kann. In der letzten Traumreise „Das Licht in deinem Herzen“ darf Tobi auf einer Schaukel die Lichtblume in seinem Herzen spüren und lernt, dass diese immer da ist, auch wenn der Tag mal nicht so schön ist.
Für wen eignet sich das Buch?
Durch die zusammenhängende Geschichte bietet es sich an, das Buch über mehrere Stunden hinweg in der Entspannungsphase nach der Yogapraxis vorzulesen oder in der Ruhezeit der Kita. Der erste Teil des Buches eignet sich schon für Kita-Kids. Den zweiten Teil finde ich von den Themen her eher ab dem Grundschulalter geeignet, die Altersempfehlung ist ab fünf Jahren. Es lohnt sich, bei den Traumreisen im zweiten Teil noch etwas Zeit für eine Rederunde einzuplanen, um das Gehörte in die eigene Gefühlswelt zu übertragen. Auch Eltern, die auf der Suche nach einem Buch mit Fantasiereisen sind, kann ich das Buch empfehlen – als Abendritual beispielsweise. Schön finde ich, dass der Protagonist des Buches mal ein Junge ist, so dass sich die Jungs hier leichter wiederfinden, als in manch anderen Fantasiereisen.
Fazit: Ein etwas anderes Buch, um in die Welt der Fantasie zu reisen
Maren Röhlinger, selber Kinderyogalehrerin, und ihre Tochter Jana, die die farbenfrohen Illustrationen gezeichnet hat, ist hier ein kleines feines Buch mit meditativen Traumreisen gelungen. Es trägt neben dem Tripp in ferne Welten auch ganz viel zur emotionalen Entwicklung der Kinder von etwa fünf bis zehn Jahren bei. Ein echter Kraft-Booster! Der Charme des Buches zeigt sich in der Dramaturgie einer zusammenhängenden Geschichte, die jedoch in abgeschlossene Kapitel – die über drei bis vier Seiten gehen – eingeteilt ist. Sicher werden sich viele Kinder am Ende der Reisen fühlen wie Tobi: „Tobi war sich bewusst, er hatte so viel von Kala gelernt. Das Reisen mit dem Traumrohr war einfach toll. Und der große Kala hat ihn wirklich glücklich gemacht.“ Deshalb: Daumen hoch für Kala und Tobi!