Rockmusik im Kinderyoga – und was meine innere Rockröhre damit zu tun hat
Unsere Autorin Roswitha Gubin beschreibt hier ganz offen, warum sie typische Kinderlieder nur in Maßen hören kann. PLUS: Ihre persönlichen Song-Lieblinge!
„Yoga für Kinder. Kindgerechtes Spielen. Kindgerechte Übungen. Kindgerechte Lieder. Einfach alles kindgerecht. – „Als ich Kinderyoga zu unterrichten begann, dachte ich, dass dies alles sein muss und Kinderlieder unbedingt mit dabei sein sollen. Um ehrlich zu sein, kann ich damit nichts anfangen. Nicht einmal, als ich Mutter wurde. Meine Kinder haben von klein auf eher ein bisschen rockigere Lieder gehört (und Disney-Lieder). Ein oder zwei Kinderlieder sind für mich okay. Jedoch auf Dauer, wie viele von meinen Freundinnen, welche die Lieder auch beim Autofahren hören, halte ich sie nicht aus. Da werde ich richtig hibbelig und unrund.
Wenn die innere Rockröhre durchdreht
Und so ging es mir dann auch in den Kinderyogastunden. Ich machte zwar bei den Kinderliedern mit, so gut es ging. Jedoch merkte man mir schnell an, dass ich mich dabei nicht so wohl fühlte, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Die innerer Rockröhre in mir drehte jedes Mal förmlich durch. Ich stellte mir die Frage, ob dies wirklich sein MUSS? Ob es immer Kinderlieder oder kindgerechte Lieder sein sollen. Und auch bei den Flows…muss es da immer Meditationsmusik sein, oder kann man auch zu anderen Liedern praktizieren? Aber ist es dann noch wirklich Yoga?
Es darf auch mal rockig sein!
Im Grunde probierte ich es dann einfach aus. Was sollte schon schief gehen?! Im schlimmsten Falle würden die Kinder sagen, dass ihnen die Ohren weh täten und sie eine andere Musik wollten. Dies nahm ich gerne in Kauf. Statt ‚Veo Veo‘ bei den jüngeren Kindern, nahm ich ‚Can’t stop the Feeling‘ von Justin Timberlake und bei den älteren Kindern kam statt aktuellen Popsongs einfach ‚Feel Invincible‘ von Skillet an den Start. Ich spielte die Musik, die mir gefiel und bei der ich mich wohl fühlte. Und ja! Es durfte auch mal rockig sein und die Kinder fanden und finden es immer noch spitze.
Tanz dich glücklich!
Kennst du das Gefühl, wenn du voller Emotionen bist und platzen könntest? Oder wenn dein Tag nur mies war und du nicht weißt, ob du schreien oder weinen sollst? Und dann auf einmal kommt einer deiner Lieblingssongs und du musst dich einfach dazu bewegen und kannst gar nicht mehr aufhören. Du tanzt, bis du außer Atem bist und merkst, wie sich dein Kopf so wunderbar leer und leicht anfühlt, dass du vor lauter Glücksgefühlen nur grinsen kannst. Genau dieses Gefühl möchte ich bei meinen Yogi-Kindern hervorrufen. Wenn sie zu mir in die Yogastunde kommen, sind sie voll. Voll mit Lernstoff aus der Schule. Voll mit Emotionen. Voll mit Einflüssen von außen. Was gibt es dann Schöneres, als zu einer fetzigen Musik „abzushaken“ und zu schütteln, bis alle Alltagsgedanken einfach verpuffen? Ich merke einfach, dass meine Yogi-Kinder nach der Aufwärmphase viel entspannter sind und nicht so geladen wie zuvor. Und somit weiß ich, dass meine Entscheidung richtig war und ich auch weiterhin rockigere Musik nehmen werde. (Und Lieder von Disney. Die gehen einfach immer.)
Meine Top 5 Aufwärmlieder (3-6 Jahre):
- Panic at the Disco – Into the Unknown
- Justin Timberlake – Can’t stop the Feeling
- Stellar Kart – Kiss the Girl
- Fall out Boy – Immortals
- Simple Plan – Jump!
Meine Top 5 Aufwärmlieder (7-10 Jahre):
- Skillet – Feel Invincible
- Ledger – Iconic
- Nickelback – Animals
- NateWantsToBattle – Hero of our Time
- AC/DC – Thunderstruck
Flow till you grow
Bei Flows sind langsame Lieder, welche auch oft für Meditationen verwendet werden, ziemlich praktisch. So kann man in seiner Mitte ruhen. Im Kinderyoga einen Flow zu praktizieren und dabei zur Ruhe zu kommen, habe ich (bis jetzt) noch nicht geschafft. Kinder haben eine unglaubliche Energie, welche mich immer wieder ins Staunen versetzt. Deswegen habe ich für mich entdeckt, dass ich mit meinen Yogi-Kindern gerne Flows (allen voran den Sonnengruß) zu etwas schnelleren Liedern mache. Es macht unglaublichen Spaß, stärkt die Muskeln und die Ausdauer und ich bin nicht nur einmal mit Muskelkater aus der Stunde gegangen.
Meine Top 5 fetziger Flow-Songs:
- The Heavy – Put it on the Line
- 5 Seconds of Summer – Youngblood
- Gorillaz – Feel Good Inc.
- Cage the Elephant – Mess Around
- Dead by April – Perfect the Way you are
Bei meiner persönlichen Yogapraxis habe ich nie Musik verwendet, da ich meinte, dass ich mich ohne diese besser konzentrieren konnte. Ich merkte schnell, dass meine Gedanken während der Übungen Achterbahn fuhren und ich nicht wirklich zu mir selbst fand. Somit probierte ich auch für mich andere Flow-Musik aus. Etwas ruhiger, als mit den Kindern, jedoch auch nicht wirklich so, wie man es normalerweise vom Yoga kennt.
Meine Top 5 ruhiger Flow-Songs:
- Skillet – Anchor
- Utada Hikaru – Don’t think Twice
- Skillet – Stars (The Shack Version)
- Decyfer Down – Burn back the Sun
- Frozen2 – Show yourself
Shout out for Workout
Ich habe seit diesem Semester eine Gruppe (7-10 Jahre) mit ganz vielen Jungs, die kaum zu bändigen sind. Aufwärmspiele gehen kaum bei ihnen, da sie meist an einander herumzerren und herumstoßen. Also dachte ich mir, ich probiere mal etwas anderes. Es muss ja nicht immer ein ‚Stop & Go‘ oder ein Tanzspiel sein. Warum nicht ein kleines Ausdauer-Workout mit Chiffontüchern?
Spiel-Anleitung: Jedes Kind bekommt ein Chiffontuch. Die Yogalehrerin zeigt passend zur Musik verschiedene Übungen vor (Squads, Jumping Jacks, Ausfallschritte, auf der Stelle laufen, usw.) Auf das Kommando der Yogalehrerin werden die Chiffontücher oder der Platz getauscht. Zum Beispiel. „Chiffontücher nach rechts!“ – „Platz mit dem Gegenüber tauschen!“ – „Hannes tauscht mit Marlene!“ – „Chiffontücher in die Mitte!“
Dieses Workout hat wahre Wunder bewirkt. Es wurde die ganze Stunde kaum noch gestoßen und alle waren sehr konzentriert und aufmerksam. Ich war begeistert und werde wohl öfter ein Workout mit ihnen machen. Laut Aussagen der Eltern hatte jedoch nur ich am nächsten Tag Muskelkater. Aber hey, das ist vollkommen okay! Ich bin leider auch nicht mehr die Jüngste.
Meine Top 5 Workout Lieder:
- Skillet – Back from the Dead
- Hollywood Undead – Another Way out
- Rammstein – Feuer frei
- Nirvana – Smells like Teen Spirit
- Manafest – No Plan B
Jugendfreier Text?
Was ich dir nun gestehe ist, dass der Text meiner Musik nicht immer ganz jugendfrei ist. Ja es wird geschimpft. Ja es werden auch obszöne Andeutungen gemacht. Dies bekommt man mit, wenn man genau hinhört oder die Lieder öfters gehört hat. Wenn ich jedoch danach gehen würde, könnte ich kaum noch etwas in Gegenwart von Kindern hören. Denn ein ‚F***‘ ist schnell mal in einem Lied, seien wir ehrlich. Und meist hören die Kinder kaum auf den Text, wenn sie im Spielen oder in einem Workout sind.
Warum ich dir das gestehe? Weil ich selbst weiß, wie man mit sich kämpft und immer überlegt, ob man dieses eine Lied überhaupt spielen soll, weil einmal ein ‚f***‘ darin vorkommt. Was könnten die anderen nur denken? Wie gesagt, die Kinder hören kaum auf den Text, sondern eher auf den Rhythmus.
DJ, play my Song!
Im Endeffekt sollte jeder diese Musik in seine Stunden einbinden, bei der er sich wohl fühlt, ohne viel darüber zu grübeln, was die anderen sagen. „Ausprobieren vor Studieren“, heißt es so schön. Ich selbst habe für mich einen Weg gefunden, der sich für mich und der Rockröhre in mir richtig anfühlt. Natürlich gehe ich auch ab und zu auf Wünsche der Kinder ein. Auch ‚Naruto Run‘ von Area51 oder ‚Team Melone‘ von ChaosFlo44 waren bei uns schon an den Start. Da bin ich relativ offen! Bei den jüngeren Kindern haben wir auch gemeinsam den ‚Körperteilblues‘ gesungen.
Für mich ist es wichtig, dass auch ich mich in der Yogastunde wohl fühle. Deswegen möchte ich auch Musik hören, welche mein Herz höherschlagen lässt und mich veranlasst, nicht still sitzen zu können. Denn wenn ich voller Freude tanze, dann reiße ich die Kids einfach mit und wir haben alle unseren Spaß. Und darum geht es doch schließlich.