Teenyoga aus der Elternperspektive: Gefühlschaos pur!
Nach unserem Artikel zu den größten „Fails„, die wir bei der Arbeit mit Teens erlebt haben (und das nicht, ohne daraus zu lernen), hat sich die Redaktionsmannschaft von PLUS.Kinderyoga.de für einen weiteren Gemeinschaftsartikel zusammengetan. Denn eins eint unsere Mitglieder ebenso: Wir haben alle Pre-Teens und Teens. Und können deswegen ein buntes Wörtchen mitreden, was es heißt, Tür an Tür mit …. (bitte selbst ausfüllen) zu leben. Hier kommen unsere Erfahrungen – nicht auf der Yogamatte, sondern in den eigenen vier Wänden!
Thomas Bannenberg: April der Gefühle
Mein pubertierendes Kind sitzt auf dem Sofa. Man kann den erhöhten Puls, die innere Hitze fast spüren. „Kann ich Dir irgendwie helfen?!“ spreche ich eine vorsichtige Annäherung aus.
„Nein! Lass mich in Ruhe. Mir kann eh keiner helfen!“ Fauchend der Ton, abweisend die Körperhaltung. Okay …
„Möchtest Du lieber alleine sein?!“ höre ich mich fragen. Und denke sofort, dass diese Frage eigentlich überflüssig ist bei der vorherigen Ansage. Aber – was sagt mein Kind?!
„Ja, lass mich nur hier alleine sitzen. Keiner will meine Probleme hören.“
„Doch, nämlich ich. Erzähl mal …“
Und tatsächlich bekommt mein offenes Ohr nun erzählt, was bedrückt hat. Pubertät ist wie ein ganz langer April der Gefühle, drunter und drüber.
Roswitha Gubin: Die eigene Soap am Küchentisch
Als Mama von drei Kindern im Alter von 14, 12 und bald 11 Jahren erlebe ich das Leben zur Zeit wie eine Achterbahnfahrt. Wenn ich in der Früh aufstehe, weiß ich nie, was ich bekomme: Liebe, Wut, Traurigkeit oder vielleicht eine ganz andere Emotion – irgendwas wird mir bestimmt entgegen geschleudert. Oft sehe ich eines meiner Kinder an und es spiegelt sich eine Emotion in seinem beziehungsweise ihrem Gesicht wider und ich frage: “ Alles okay? Du siehst betrübt drein.“ Als Antwort bekommt man ein patziges:“ „Das ist mein Gesicht. So schau ich immer aus! Du bist meine Mutter. Das solltest du wissen.“
Maike Schößler: Kübelweise Gefühle
Als Mutter zweier Mädels (11 und 13 Jahre) stecken wir mitten drin. Seit rund zwei Jahren haben wir eine Familien-Dauerkarte für die Gefühlsachterbahn gebucht. Wir wussten, dass sie irgendwann Bestandteil unseres Lebens werden würde und doch kamen die ersten Fahrten überraschend aus dem Nichts und mit voller Wucht. Eher Freefall als Schiffschaukel. Ein bisschen Ice-Bucket-Challenge-artig. In dem einen Moment ist alles super und plötzlich kriegst du von deiner heranwachsenden Tochter eine volle Ladung emotionales Eiswasser über den Kopf gekübelt. In den meisten Fällen komme ich gut damit klar. Anfangs kam der Kübel ja auch erst aus einer Richtung, mittlerweile sind es immer öfter aus zwei.
In vielen Fällen gelingt es mir, gelassen zu sein (bin ich froh, dass ich Yoga mache!). Und mein Herz versteht, dass die Nabelschnur länger wird und das Schneckenhaus manchmal die erste Wahl ist. Ich versuche meinen Mädels ein sicherer Hafen zu sein und genieße jeden positiven Gefühlserguss (auch die gibt es!). Ich tauche dann ein und speichere das Gefühl in mir ab, wenn doch mal wieder eine Umarmung kommt oder ein verschmitztes „Du bist so klein, Mama!“, wo ich so viel Liebe raus höre. Wie muss es erst meinen Mädels gehen, wenn mich der Eiskübel schon so erwischt. Und so trage ich häufig meinen Teflon-Anzug, an dem der Gefühlsorkan abperlen kann und lasse sie gewähren und begleite sie. Ich freue mich, wenn „Frauen-Fragen kommen“, fange sie wieder ein, sage mal nichts oder eine Menge und mache ihnen das Licht an, damit sie aus dem wilden Gefühlsmeer wieder nach Hause finden – zum Zuckerwattestand neben der Gefühlsachterbahn.
Andrea Helten: Ein Wildfang für seine Rechte
Unsere Tochter ist 16 Jahre und manchmal kommt sie mir schon sehr viel älter vor. Sie ist sehr empathisch, manchmal sogar weise und da sie Psychologie studieren möchte, kann es schon mal vorkommen, dass ich, am Küchentisch beim Mittagessen, den Mund nicht mehr zu bekomme angesichts ihres jetzt schon großen Wissens und ihrer klugen Beobachtungen. Das ist die eine Seite. Die andere ist ein wilder Wildfang, den es nahezu unbändig nach draußen zu ihren Freunden zieht. Und manchmal müssen wir einfach doch mal die Eltern-Karte spielen. Und dann können mein Mann und ich am besten nur noch wegrennen. Wut, Wildheit und ein unbändiger Willen treffen uns – die drei Drachen von Daenerys aus „Game of Thrones“ sind Spielzeuge dagegen!
Dann wird laut diskutiert, debattiert, um jede Viertelstunde Ausgehzeit verhandelt. Mal vernünftig, mal treffen mich Giftpfeile, die wirklich schmerzhaft sind. Und dann denke ich an mich als Teenager. Wie wütend, emotional, unberechenbar, wild ich war. Wie es mich nach draußen zog! Und ich denke still und leise: „So ist das nun mal.“ Da ist sie, die andere Seite. Und im Gegensatz zu meinem Vater damals bleibe ich ruhig, stecke ein. Jugend muss nämlich genau so. Aho!