Teil 2: Wie verankere ich den Kinderyoga, als einen Bildungsort, im Kindergarten?
Im ersten Teil gab es viel theoretischen Input, über das Thema Lernen, Bildung und zu welchem Bildungsort sich der Kinderyoga zuordnen lässt. In diesem zweiten Teil wird unsere Redakteurin Christine Stephan praktische Einblicke geben, wie man den Kinderyoga auf ganz natürliche und dennoch erlebnisreiche Weise im Kindergartenalltag verankern kann.
Um den Kinderyoga im Kindergarten als einen natürlichen, freudvollen und sicheren Ort für kindliche Bildungs- und somit Entwicklungsprozesse etablieren zu können, bedarf es grundlegend immer ein dafür stimmiges und aufrichtiges Bild vom Kind. Die Haltung und die Verhaltensweisen von uns Erwachsenen, Lehrende und Fachkräften ist das A und O für das kindliches Wohlbefinden und eine vertrauensbasierte Beziehungsarbeit. Wenn Kinder das Gefühl haben, sich in einem sicheren, gewaltfreien und vertrauensvollen Raum zu befinden, entfaltet sich bei ihnen ganz automatisch ihr Interesse und ihre Neugierde, offen die Welt erforschen und erleben zu wollen, sowie sich entfalten und entwickeln zu können.
Festes Kinderyogaangebot
Das klassischste Beispiel ist wohl, ein festes Angebot, z.B. einmal wöchentlich, im Kindergartenalltag zu etablieren. Das Angebot kann in einer festen Gruppe stattfinden, oder als ein freiwilliges Angebot gestalten sein, an dem immer die Kinder teilnehmen wollen, welche Lust darauf haben. Wobei selbst innerhalb einer festen Gruppe immer die Freiwilligkeit des Angebotes berücksichtig werden sollte, damit kein Druckgefühl bei den Kindern entsteht. Erfahrungsgemäß ist dabei auch wunderbar eine Altersmischung möglich. So können die kleinen ganz natürlich von älteren Kindern lernen und die größeren gegebenenfalls den kleineren Unterstützungsmöglichkeiten bieten. In diesem sozialen Gruppengefüge lernen alle Kinder ganz intuitiv von- und miteinander.
Kinderyoga im Morgenkreis und bei Festen
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Haltungen/ Sonnengrüße, Übungen der Achtsamkeit, Atemtechniken, oder Bewegungsgeschichten im Morgenkreis mit der gesamten Gruppe durchzuführen. Auch bevorstehende Feste können wunderbar genutzt werden, um kurzweilige und dennoch freudvolle yogische Einheiten mit einer größeren Gruppe zu praktizieren. Sind es Kindergartenfeste bei welchen auch die Familien vor Ort sind, können auch diese sehr gern mit einbezogen werden.
Ideen für den Morgenkreis:
- Sonnen- oder Morgengruß: zur körperlichen Aktivierung und als morgendliches Ritual
- Bewegungsgeschichte (Ausflug in den Wald, in den Schnee, auf die Frühlingswiese…): zum körperliches Erleben und zur Stärkung der Selbstwirksamkeit
- Mutmacher-Sprüche, oder -Lieder: zur Stärkung des Selbstwertgefühls
- Gefühlsrunde, mit Erzählsteinen und Gefühlskarten: eigen Gefühle erkennen und benennen und die der anderen erleben
- „Liebe Grüße“ verschicken, über einen Händedruck oder durch das Zuwerfen mit einem Ball: gegenseitige Wertschätzung, Begrüßung, Wahrgenommen werden
- +„Blumenwecken- eine Klanggeschichte“: als achtsames Hören
Ideen für Feste (mit größere Gruppen):
+ Schwungtuchspiele
- Tuch in unterschiedlichen Intensitäten schwingen und Veränderung des Luftzugs wahrnehmen
- mit Tuch in unterschiedlichen Intensitäten drehen (wie ein Karussell, oder Glücksrad) und den Unterschied von schnell und langsam wahrnehmen
- Plätze tauschen, wenn Tuch angehoben ist (Namen rufen, oder Fragen ansagen, welche Plätze tauschen dürfen)
- Farbenlauf (sitzt man auf angesagter Farbe, darf man eine Runde um das Tuch flitzen/ fliegen/ springen …)
- Twister (angesagter Körperteile auf angesagter Farbe platzieren)
- Stopptanz: bei Musikstopp wird sich auf angesagte Farbe des Tuches platziert werden
+ gemeinsamer Sonnengruß
+ Stopptanz mit Yogahaltungen
+ Naturmandala aus Naturschätzen legen
All dies ist nur ein kleiner Teil von dem, was man alles im Alltag mit Kinder ganz spielerisch umsetzten kann.
Kindergartenkinder lieben auch Musik, Tänze und Bewegungslieder, welche man ganz einfach zu jederzeit mit in den Alltag und besonders gut in größeren Gruppen integrieren kann- gern auch mit den Alltime Favorites: Chiffontücher.
Wald-, Wiesen- und Stadtausflüge
Wird der Platz zu klein, oder möchte man gemeinsam mit den Kindern über den Kindergarten Tellerrand hinausschauen, bieten sich auch immer Ausflüge in die Umgebung an. Dabei lernen die Kinder auf ganz natürliche und authentische Weiseihre Umgebung, ihre Umwelt und die Natur kennen. Bettet man diese regelmäßig ein, können Kinder ganz wunderbar auch Veränderungen jeglicher Art wahrnehmen: „Dieser Baum war beim letzten Mal noch ganz kahl. Jetzt bekommt er Knospen.“, „Diese Baustelle war letzte Woche noch nicht da. Wow ein Bagger!“ „Heute fühlen sich meine Beine müder an vom Laufen.“usw.
Ideen:
+ natürliche Farbpalette: jede*r erhält ein Blatt, oder eine Farbpalette mit 6 verschiedenen Farben darauf. Die Kinder dürfen jeweils farblich passende Naturschätze dazu sammeln.
+ Natur-Bingo: jedes Kind erhält vorgefertigtes Bingo-Blatt mit den gleichen Bildern von Naturschätzen (Tannenzapfen, gelbe Blume, Stock, Eichenblatt…). Kinder müssen exakt diese Gegenstände finden und auf ihr Blatt legen. Wer zuerst sein Blatt voll hat, ruft BINGO.
+ Naturmandala legen: die gesammelten Schätze können zu einem großen Mandala platziert werden und verbleiben somit auch im Wald, oder auf der Wiese
+ Jahreszeiten erfassen: regelmäßig an den selben Ort gehen und die Veränderungen der Jahreszeiten erfassen (darüber sprechen was beobachtet wird, fotografieren, oder Bilder dazu malen)
+ Barfußlaufen: Den Kindern die Möglichkeit zu bieten, barfuß zu laufen, hat vielerlei Auswirkungen. Laufen ohne Schuhe trainiert ganz automatisch die Fußmuskulatur und hat somit auswirken auf die gesamte Statik und Bewegungsqualität des Körpers.
+ Müllsammeln: Dies schärft das Umweltbewusstsein bei Kindern. Aus dem gesammelten Abfall kann wiederum eine Müllskulptur, oder ähnliches gebaut, oder Dinge evtl. recycelt werden.
Entspannungs- und Fantasiereisen
Auch achtsame Entspannungs- und Fantasiereisen, besonders zur Mittagszeit lassen sich prima mit Kindern umsetzten, welche eine kleine Auszeit wünschen. Dafür bietet man den Kindern einen gemütlichen Ort, schaltet evtl. noch einen Sternenhimmel- Projektor an, verteilt ein paar Igelbälle und jede*r kann sich seine Art der Entspannung selbst aussuchen.